Zähne ziehen – wann muss ein Zahn raus?
„Der Zahn muss raus!“ – Kein Patient ist begeistert, wenn sein Zahnarzt diese Worte ausspricht. Denn eine notwendige Zahnentfernung bedeutet nicht nur Schmerzen, eine Wunde im Mund und eine Zahnlücke, die mit Zahnersatz versorgt werden muss, sondern hat in den meisten Fällen auch bereits eine unangenehme Vorgeschichte. Der Zahnarzt ist ebenfalls nicht glücklich, wenn er einen Zahn ziehen muss. Vielleicht hätte der Zahn gerettet werden können, wenn sein Besitzer schon früher zur Behandlung erschienen wäre oder die Mundhygiene ernster genommen hätte. Oder die vorangegangene Wurzelbehandlung hat nicht den gewünschten Erfolg gebracht und ist deswegen im Rückblick ganz umsonst vorgenommen worden. Nicht zuletzt macht die Zahnentfernung dem Zahnarzt wenig Freude, weil er dabei nur einen sehr geringen Teil seiner Kunst entfalten kann. Einen Zahn zu ziehen ist einfach, dauert im Normalfall nur wenige Sekunden und gehört außerdem zu den billigsten zahnärztlichen Leistungen. Die Kosten für eine Zahnextraktion ohne Vollnarkose oder zusätzliche Komplikationen liegen im moderaten zweistelligen Eurobereich und werden komplett von den Krankenkassen übernommen.

Wann eine Zahnextraktion notwendig wird
Nicht jeder Zahn lässt sich auf Dauer erhalten. Auch bei sorgfältiger Pflege kann es Situationen geben, in denen die Entfernung eines Zahns medizinisch notwendig wird. Der häufigste Grund für eine Zahnextraktion ist eine tiefgehende Schädigung durch Karies. Wenn sich die Infektion bis zur Zahnwurzel ausgebreitet hat und selbst eine Wurzelbehandlung keine Aussicht auf Erfolg bietet, bleibt oft nur noch die Zahnentfernung. Auch bei ausgeprägten Entzündungen im Bereich des Zahnbetts – also einer Parodontitis – kann ein Zahn seinen Halt verlieren und muss entfernt werden.
Eine der Hauptursachen für Zahnverlust ist eine unbehandelte Karies, die das Zahnmark zerstört und zur Infektion der Wurzel führt. Wird diese Entzündung nicht rechtzeitig behandelt, greift sie auf den Kieferknochen über. In solchen Fällen ist der Zahn nicht mehr zu retten. Auch chronische Entzündungen wie eine fortgeschrittene Parodontitis führen dazu, dass der Zahnhalteapparat abgebaut wird. Wenn sich die Zähne dadurch lockern, ist eine Zahnentfernung oft die letzte Option. In Einzelfällen führen auch Abszesse, Zysten oder Frakturen zur Indikation für einen Eingriff.
Ein Sonderfall sind die Weisheitszähne. Diese müssen nicht zwangsläufig gezogen werden, doch in vielen Fällen verursachen sie Probleme. Wenn sie schräg oder nur teilweise durchbrechen, kommt es häufig zu Entzündungen, Schmerzen oder Platzmangel im Kiefer. Auch eine Verlagerung anderer Zähne durch den Druck der Weisheitszähne ist möglich. Deshalb werden sie oft vorsorglich entfernt, vor allem im jungen Erwachsenenalter, wenn die Wurzeln noch nicht vollständig ausgebildet sind und der Eingriff leichter verläuft.
Nach dem Ziehen eines Zahns entsteht eine Lücke im Gebiss. Je nach Position und Funktion des entfernten Zahns kann es notwendig sein, die entstandene Lücke mit einem Zahnersatz zu schließen. Dies ist besonders dann sinnvoll, wenn die Kaufunktion eingeschränkt ist oder ästhetische Gründe eine Rolle spielen. Auch um Fehlstellungen zu vermeiden, wird häufig zu Brücke, Implantat oder Prothese geraten.
Wurzelbehandlung und Wurzelspitzenresektion
Oft ist die Sanierung der Zahnwurzel bzw. des Wurzelkanals die letzte Möglichkeit, einen Zahn zu retten. Dem Zahnarzt stehen dabei verschiedene bewährte und neue Methoden und Instrumente zur Verfügung.Nach dem Freilegen des Wurzelkanals wird dieser aufbereitet, d. h. mit winzigen Feilen gründlich von Fäulnisbakterien gereinigt und zwischendurch immer wieder ausgespült. Um möglichst alle Erreger zu entfernen, kann der Arzt den Wurzelkanal zusätzlich mit einem antibakteriellen und entzündungshemmenden Medikament behandeln.
Nach der Wurzelkanalbehandlung wird der Wurzelkanal häufig zuerst mit einer provisorischen Füllung verschlossen. Wenn die Beschwerden gut abklingen und der Zahn ruhig bleibt, erfolgt die endgültige Versorgung mit bleibender Füllung und neuem Aufbau. Wurzelbehandlungen sind nicht immer erfolgreich. Hat der Patient Pech, kehren die Zahnschmerzen zurück, und eine weitere Wurzelbehandlung wird nötig. Da sich Keime am hartnäckigsten tief in der Wurzelspitze halten, empfiehlt der Zahnarzt in solchen Fällen häufig eine Wurzelspitzenresektion, also die Entfernung der Wurzelspitze. Damit kann die Zahnentfernung noch einmal abgewendet bzw. hinausgezögert werden. Logischerweise verschlechtern jedoch alle weitere Probleme und Behandlungsmaßnahmen die Gesamtprognose, da der Zahn dadurch immer mehr Substanz verliert.
Eine sehr vielversprechende Technik zur Ergänzung der klassischen Wurzelbehandlung ist die photoaktivierte Chemotherapie (PACT, lichtaktivierte Therapie). Was sich beim ersten Lesen fast gefährlich anhört, ist tatsächlich eine besonders sanfte und gleichzeitig besonders zuverlässige Methode, Bakterien im Wurzelkanal abzutöten. Dabei werden die Keime zuerst mit einem harmlosen Farbstoff blau eingefärbt und dann mit Licht in einer ganz bestimmten Wellenlänge bestrahlt. Dabei entsteht aktiver Sauerstoff, der 99,9 Prozent der Keime zerstört.
Durch PACT konnten schon viele Zähne vor der Zange gerettet werden. Die Zusatzbehandlung ist keine Kassenleistung, wird jedoch ab ca. 50 Euro angeboten – allerdings nicht in jeder Zahnarztpraxis. PACT ist in der Zahnmedizin seit rund zehn Jahren bekannt, die hervorragenden Erfolgschancen sind messbar und nachgewiesen. Die Lichttherapie selbst ist schmerzlos, lautlos und ungefährlich. Das herkömmliche Aufbereiten des Wurzelkanals kann sie jedoch nicht ersetzen.
Der Ablauf einer Zahnentfernung
Vorbereitung durch den Zahnarzt
Vor dem eigentlichen Eingriff steht die gründliche Diagnostik. Dazu gehören Röntgenaufnahmen, eine ausführliche Anamnese sowie die Prüfung des allgemeinen Gesundheitszustandes. Auch Vorerkrankungen wie Diabetes oder blutverdünnende Medikamente müssen berücksichtigt werden. Auf dieser Basis entscheidet der Zahnarzt, ob eine einfache oder chirurgische Extraktion notwendig ist. Im Gespräch wird erklärt, wie der Eingriff abläuft und was im Anschluss zu beachten ist.
Die eigentliche Entfernung – Extraktion und Zahnziehen
Bei der Zahnextraktion unterscheidet man zwischen der einfachen und der operativen Zahnentfernung. Bei einer einfachen Extraktion wird der Zahn mit einem Hebel gelockert und mit einer Zange vorsichtig aus dem Zahnfach gezogen. Komplizierter ist es, wenn der Zahn noch im Kieferknochen verankert oder nicht vollständig durchgebrochen ist. Dann muss ein chirurgischer Zugang geschaffen und eventuell der Knochen teilweise abgetragen werden. In beiden Fällen erfolgt der Eingriff unter örtlicher Betäubung.
Betäubung und Schmerzvermeidung beim Eingriff
Damit die Zahnextraktion schmerzfrei abläuft, wird eine Lokalanästhesie eingesetzt. Die Betäubung wirkt auf das umliegende Gewebe und sorgt dafür, dass der Eingriff ohne Schmerzen durchgeführt werden kann. In manchen Fällen – etwa bei starken Ängsten oder komplizierten Eingriffen – wird auch eine Sedierung oder Vollnarkose erwogen. Moderne Anästhetika ermöglichen eine gute Kontrolle über die Schmerzempfindung und machen den Eingriff für die meisten Menschen gut erträglich.
Mögliche Risiken und Komplikationen
Nach der Zahnentfernung kann es zu Blutungen und Schwellungen kommen. Diese sind in der Regel harmlos und klingen innerhalb weniger Tage ab. Kühlen hilft, die Schwellung zu begrenzen. Wichtig ist es, die Wunde nicht zu reizen – also nicht zu spülen, zu rauchen oder am Tag der Extraktion körperlich anstrengende Tätigkeiten auszuüben. Auch auf heiße Getränke sollte zunächst verzichtet werden.
Besondere Vorsicht ist bei der Entfernung von Backenzähnen im Oberkiefer geboten. Diese liegen in der Nähe der Kieferhöhle, die bei der Zahnentfernung eröffnet werden kann. Ein solcher Defekt muss sorgfältig verschlossen werden, damit es nicht zu einer dauerhaften Verbindung zwischen Mundraum und Kieferhöhle kommt. Auch der Kieferknochen kann durch die Extraktion geschwächt werden, was langfristig Einfluss auf spätere Implantate haben kann.
In seltenen Fällen kommt es nach dem Zahnziehen zu einer gestörten Wundheilung. Eine sogenannte Alveolitis, also eine Entzündung der leeren Zahnalveole, kann starke Schmerzen verursachen. Meist entsteht sie, wenn sich das schützende Blutgerinnsel in der Wunde vorzeitig löst. Auch eine bakterielle Infektion ist möglich. In beiden Fällen ist eine zahnärztliche Nachbehandlung notwendig, um die Heilung zu fördern.
Nach der Zahnextraktion – Heilungsprozess und Pflege
Nach der Zahnentfernung beginnt der Heilungsprozess. Direkt nach dem Eingriff sollte ein Tupfer auf die Wunde gedrückt und für mindestens 30 Minuten dort belassen werden. In den ersten Tagen nach dem Eingriff ist Schonung wichtig. Es empfiehlt sich, auf harte, heiße und scharfe Speisen zu verzichten. Die Einnahme von Schmerzmitteln kann mit dem Zahnarzt abgestimmt werden, ebenso wie die Anwendung von desinfizierenden Mundspülungen.
Treten nach der Extraktion starke Schmerzen oder Anzeichen einer Entzündung auf, sollte nicht abgewartet werden. Frühzeitiger Kontakt zur Praxis ist entscheidend, um Komplikationen zu vermeiden. In der Regel helfen schmerzstillende Medikamente und desinfizierende Maßnahmen. Auch das vorsichtige Spülen mit Kamillen- oder Salbeitee kann die Heilung unterstützen.
Die richtige Mundhygiene ist nach dem Eingriff besonders wichtig, aber auch sensibel umzusetzen. In der Nähe der Wunde sollte nicht gebürstet werden. Stattdessen ist es ratsam, weiche Zahnbürsten zu verwenden und grobe mechanische Reize zu vermeiden. Die regelmäßige Kontrolle der Wunde durch den Zahnarzt gehört ebenso zur Nachsorge wie die schrittweise Rückkehr zur normalen Mundpflege.
Zahnersatz nach einer Extraktion
Ob ein Zahn ersetzt wird und wie, hängt von der Position im Kiefer, den funktionellen Anforderungen und den individuellen Voraussetzungen ab. Direkt nach der Extraktion kann ein temporärer Zahnersatz eingesetzt werden, um die Lücke zu schließen. Dieser wird später durch eine dauerhafte Lösung ersetzt. Die Wahl hängt auch vom Zustand des Kieferknochens und der Nachbarzähne ab.
Wenn die Lücke im sichtbaren Bereich liegt oder die Kaufunktion beeinträchtigt ist, kommen verschiedene Formen des Zahnersatzes in Betracht. Implantate bieten eine feste, langlebige Lösung und belasten die Nachbarzähne nicht. Brücken sind eine gute Option, wenn gesunde Nachbarzähne vorhanden sind. Prothesen eignen sich vor allem bei mehreren fehlenden Zähnen oder bei reduziertem Kieferknochen.
Wird eine Zahnlücke nicht geschlossen, kann sich der Kieferknochen an dieser Stelle zurückbilden. Auch die benachbarten Zähne können sich verschieben, was langfristig zu Fehlstellungen und Problemen beim Kauen führt. Deshalb empfehlen Zahnärzte, eine Zahnlücke nicht dauerhaft offen zu lassen. Ein passender Zahnersatz stabilisiert die Zahnreihe und schützt den Kiefer vor weiterem Abbau.
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20. Juni 2018
Unter der Backenzahnkrone habe ich Karies. Mein Zahnarzt meint, ziehen. Der Zahn ist aber nur wenig plombiert. Ich meine, eine Wurzelbehandlung müsste doch möglich sein.