Schmerzlose Gefahr für Zähne – Parodontitis
Etwa ab dem 50. Lebensjahr steigt das Risiko signifikant, nicht durch Karies Zähne zu verlieren, sondern durch eine andere bakterielle Erkrankung im Mund: Parodontitis, oft auch fälschlicherweise Parodontose genannt, ist eine Entzündung des Zahnhalteapparates. Das Tückische bei einer Parodontitis ist, dass sie in frühen Stadien meist vollkommen schmerzlos verläuft und nur vermeintlich unkritische Symptome darauf hindeuten, dass sich das Zahnfleisch durch Bakterien entzündet hat und eine Behandlung beim Zahnarzt erforderlich ist.
Inhaltsverzeichnis
- Wie entsteht eine Parodontitis?
- Risikofaktor Rauchen
- Der Unterschied zur Gingivitis
- Ist Parodontitis ansteckend?
- Parodontitis frühzeitig erkennen und behandeln
- Die Symptome einer Parodontitis
- Wie läuft die Behandlung ab?
- Wer zahlt die Kosten?
- Gibt es wirksame Hausmittel gegen Parodontitis?
- Parodontitis vorbeugen
Wie entsteht eine Parodontitis?
Die Ursachen einer Parodontitis können viele Jahre zurückliegen, ohne dass Betroffene erkennen, dass etwas nicht stimmt. Da eine beginnende Parodontitis sich nur selten durch Schmerzen bemerkbar macht, kann sie unbehandelt und unbemerkt immer weiter fortschreiten. Erst im weiteren Verlauf zeigen sich dann die erheblichen Auswirkungen wie die Lockerung der Zähne, der Austritt von Eiter am Zahnfleischsaum oder freiliegende Zahnhälse, die mit einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit verbunden sind. Spätestens jetzt ist eine zahnärztliche Behandlung erforderlich, um den Verlust von Zähnen zu vermeiden.
Der menschliche Speichel und der Mundraum sind voller Bakterien, von denen etliche für das Immunsystem oder die Verdauung von Nahrung erforderlich und wichtig sind. Neben diesen nützlichen Bakterienkolonien gibt es jedoch auch schädliche Stämme, die zusammen mit Nahrungsresten einen sogenannten Biofilm bilden, der als Plaque oder Zahnbelag bezeichnet wird. Dieser setzt sich an den Oberflächen der Zähne, am Zahnfleischrand und in den Zahnzwischenräumen fest. Wird die Plaque nicht durch gründliches und regelmäßiges Zähneputzen entfernt, entwickelt sich bereits nach wenigen Tagen eine Entzündung des empfindlichen Zahnfleisches, wobei Bakterien in das weiche Gewebe eindringen.
Als Abwehrreaktion des Immunsystems entsteht eine Entzündung des Zahnfleisches, eine sogenannte Gingivitis, die sich etwa durch Zahnfleischblutungen, Rötungen oder Druckempfindlichkeit äußert. Wird der Entzündungsherd nicht beseitigt, etwa durch eine professionelle Zahnreinigung (PZR) beim Zahnarzt, kann die Entzündung tiefer ins Gewebe eindringen und in der Folge zu einem Abbau des Zahnknochens sowie der Zahnhaltefasern führen. Dabei bilden sich tiefe Spalten zwischen Zahnfleisch und Zahn, sogenannte Zahnfleischtaschen, durch die neue Bakterien eindringen und die Parodontitis weiter verschlimmern können. Im weiteren Verlauf schreitet der Knochenabbau immer weiter voran, der Zahn verliert immer mehr an Halt im Kiefer, lockert sich, beginnt zu wackeln und fällt schließlich aus.
Risikofaktor Rauchen
Ein erhöhtes Risiko tragen zudem Raucher, denn das Nervengift Nikotin verengt die feinen Blutgefäße im Zahnfleisch und verhindert so eine gesunde Durchblutung. Hierdurch wird Zahnfleischbluten als ein wichtiges Frühwarnsignal verhindert. Viele Raucher wiegen sich also in falscher Sicherheit, was ihre Mundgesundheit angeht. Insgesamt haben Raucher ein um den Faktor 4 bis 6 höheres Risiko, an Parodontitis zu erkranken, außerdem sprechen Raucher auf eine Parodontitisbehandlung deutlich schlechter an als Nichtraucher.
Wer sich das Rauchen nicht abgewöhnen kann oder will, sollte daher besonders auf eine gründliche Mundhygiene achten und so Entzündungen vorbeugen, bevor sie überhaupt entstehen können. Dabei sollten die Zähne mindestens zweimal am Tag für mindestens zwei Minuten geputzt werden, am besten mit einer weichen Zahnbürste. Auch die Verwendung von Interdentalbürsten und Zahnseide ist dringend empfehlenswert, um die bakterielle Plaque selbst in den schwer zugänglichen Stellen zwischen den Zähnen zu entfernen.
Ebenso empfehlen Zahnärzte alle sechs Monate eine Kontrolluntersuchung, um frühzeitige Veränderungen an Zähnen und Zahnfleisch zu erkennen und behandeln zu können. Hierbei sollte auch eine professionelle Zahnreinigung erfolgen, bei der Zahnstein und Plaque gründlich entfernt und die Zähne anschließend versiegelt werden. Wer regelmäßig eine PZR durchführen lässt, kann so sein Risiko für eine Parodontitis um die Hälfte senken.
Der Unterschied zur Gingivitis
Parodontitis und Gingivitis gehen beide mit Rötungen und Schwellungen des Zahnfleisches einher, daher sind für Betroffene oftmals keine Unterschiede auszumachen. Zahnmedizinisch handelt es sich jedoch um zwei vollkommen verschiedene Krankheitsbilder: Bei einer Gingivitis betrifft die Entzündung ausschließlich das Zahnfleisch, das leichte Entzündungssymptome aufweist, die durch fest auf dem Zahnfleisch und Zahnschmelz haftende bakterielle Beläge ausgelöst werden. Das Zahnfleisch ist rot und geschwollen und neigt zu Blutungen, etwa beim Zähneputzen.
Wird eine Gingivitis nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, kann sich aus der Zahnfleischentzündung eine Parodontitis entwickeln, die Erkrankung greift dann auf den gesamten Zahnhalteapparat über und gefährdet damit auch gesunde und vitale Zähne. Wird eine Gingivitis hingegen frühzeitig behandelt, lässt sich der Krankheitsverlauf nicht nur stoppen, vielmehr bestehen gute Chancen, dass sich das Zahnfleisch erholt und wieder vollkommen gesund wird.
Ist Parodontitis ansteckend?
Ja, die krankmachenden Keime können von einem Menschen zum anderen übertragen werden. Das passiert etwa dann, wenn die Eltern den Schnuller des Kindes in den Mund nehmen und danach nicht abspülen, auch beim Teilen von Besteck oder Geschirr können die Erreger übertragen werden. Aus diesem Grund sollte bei einer Parodontitis-Behandlung nicht nur der Betroffene selbst, sondern die ganze Familie einbezogen werden. Zwar erkranken nicht alle Menschen, bei denen die schädlichen Bakterien im Mund nachweisbar sind, im Laufe ihres Lebens tatsächlich an einer Parodontitis, dennoch können auch diese Personen die Erreger übertragen.
Parodontitis frühzeitig erkennen und behandeln
Je früher eine Parodontitis erkannt und behandelt wird, desto größer sind die Heilungschancen. Aus diesem Grund muss eine Parodontitis immer konsequent behandelt und die Behandlung bis zum Abschluss durchgeführt werden. Denn der Biofilm in den Zahnfleischtaschen stellt nicht nur eine Gefahr für die Zahngesundheit dar: Von hier aus können Bakterien auch in die Blutbahn gelangen und so weitere Folgeerkrankungen auslösen, etwa Krankheiten des Herz-Kreislauf-System bis hin zu einem Herzinfarkt.
Besonders gefährdet sind dabei Diabetiker, denn Diabetes und Parodontitis beeinflussen sich gegenseitig auf sehr ungünstige Weise: Diabetiker sind generell anfälliger für bakterielle Entzündungen, umgekehrt kann eine unbehandeltes Zahnbettentzündung die Diabetes verschlechtern. Und Schwangere sollten ebenfalls frühzeitig zum Zahnarzt gehen und sich untersuchen lassen. Denn Studien weisen darauf hin, dass Schwangere mit einer unbehandelten Parodontitis ein höheres Risiko für eine Frühgeburt haben.
Die Symptome einer Parodontitis
Bei einer beginnenden Parodontitis haben Betroffene zunächst meist keine Beschwerden, die Entzündung verursacht, besonders bei einem chronischen Verlauf, typischerweise anfänglich keine Schmerzen. Dennoch gibt es Anzeichen und Symptome, die auf eine Parodontitis hinweisen können:
- (wiederkehrende) Zahnfleischblutungen
- Rötungen und Schwellungen am Zahnfleisch
- Zahnfleischschwund
- freiliegende und damit empfindliche Zahnhälse
- unangenehmer, „fauliger“ Mundgeruch und Geschmack im Mund
- lockere Zähne und Zahnfehlstellungen
Wenn Sie beim Zähneputzen Schmerzen am Zahnfleisch spüren, kann dieses ein Hinweis auf eine Gingivitis oder beginnende Parodontitis sein, daher sollten Sie diese Symptome ernst nehmen und einen Termin bei Ihrem Zahnarzt vereinbaren, um den Ursachen auf den Grund zu gehen. Frühzeitig behandelt, kann eine Gingivitis komplett ausheilen, unbehandelt kann sich daraus eine meist nicht mehr umkehrbare Parodontitis bilden.
Die Parodontitis auslösenden Bakterien können sich zudem ausbreiten und weitere schwere Folgeerkrankungen auslösen. Betroffenen können beispielsweise Fieber entwickeln, eine natürliche Abwehrreaktion des Immunsystems, um Erreger zu bekämpfen. Auch ist eine Besiedelung der Herzklappen oder Endoprothesen möglich, daher stehen Parodontitis-Erreger auch im Verdacht, Herzinfarkt oder Schlaganfälle zu begünstigen.
Schluckbeschwerden oder ein klemmendes Gefühl im Kiefer, Beeinträchtigungen der Sprache oder Schwellungen im Gesichts- und Halsbereich können Warnsignale sein, dass sich eine Infektion im Körper ausbreitet und sollten kurzfristig von einem Zahn- oder Facharzt untersucht werden, um eine Parodontitis als Ursache ausschließen oder behandeln zu können.
Wie läuft die Behandlung ab?
Bei einer Parodontitis-Behandlung werden die Zahnoberflächen vom Zahnarzt mit speziellen Instrumenten gereinigt und die bakteriellen Beläge mechanisch entfernt. Bei der sogenannten „geschlossenen Kürettage“ nutzt der Zahnarzt einen Scaler oder eine Kürette, um die Beläge manuell abzukratzen. Alternativ können auch maschinell betriebene Geräte, die mit Schall oder Ultraschall arbeiten, zum Einsatz kommen. Da diese Behandlung unangenehm bis schmerzhaft sein kann, werden die betroffenen Areale im Mund örtlich betäubt, um das Schmerzempfinden des Patienten auszuschalten. Die Entfernung der Beläge dient dazu, die Zahnoberfläche wieder in einen „biologisch akzeptablen“ Zustand zu versetzen und so zu ermöglichen, dass das Zahnfleisch sich wieder bakteriendicht an den Knochen anlagern kann.
Bei einem fortgeschrittenen Krankheitsverlauf mit tiefen Zahnfleischtaschen oder wenn eine vorhergehende geschlossene Kürettage die Entzündung nicht beseitigen konnte, muss die Parodontitis chirurgisch und „offen“ behandelt werden. Dabei werden die Zahnfleischränder vom Zahn abgelöst, um danach alle Beläge und erkranktes Gewebe zu entfernen. Bei bestimmten aggressiven Keimen kann zudem lokal ein Antibiotikum angewendet werden, um die Entzündung einzudämmen.
Eine andere Behandlungsmethode, deren Kosten allerdings von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen werden, setzt auf eine Behandlung mit Laser, teilweise in Kombination mit lichtaktivierten Substanzen. Diese Behandlung ist für den Patienten weitgehend schmerzfrei, allerdings ist ihr tatsächlicher Nutzen noch nicht ausreichend wissenschaftlich belegt, so dass eine solche Behandlung vom Patienten privat finanziert werden muss.
Wer zahlt die Kosten?
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für eine halbjährliche Vorsorgeuntersuchung beim Zahnarzt sowie die Kosten für eine Zahnsteinentfernung pro Jahr. Darüber hinaus können gesetzliche Versicherte alle zwei Jahre den Parodontale Screening Index (PSI) als Früherkennungsuntersuchung durchführen lassen, bei dem der Zahnarzt mit einer speziellen Sonde die Tiefe von Zahnfleischtaschen ermittelt.
Eine Parodontitis ab einer Zahnfleischtaschentiefe von 3,5 Millimetern oder mehr gilt als behandlungsbedürftig. Der Zahnarzt erstellt hierfür vor Behandlungsbeginn einen Heil- und Kostenplan, der bei der Krankenkasse eingereicht, geprüft und genehmigt werden muss. Bei Zähnen, die laut Richtlinie der Krankenkassen als „nicht erhaltungswürdig“ eingestuft werden (das ist etwa bei einem Knochenabbau von mehr als 75 Prozent der Fall), muss die Parodontitis-Therapie als Privatleistung vom Patienten finanziert werden.
Ebenfalls keine Regelleistung der gesetzlichen Krankenkassen ist die professionelle Zahnreinigung beim Zahnarzt und die Nachsorge nach einer Parodontitis-Behandlung.
Gibt es wirksame Hausmittel gegen Parodontitis?
Eine Parodontitis stellt eine ernsthafte und schwerwiegende Erkrankung dar, die von einem Zahnarzt oder Kieferchirurgen behandelt werden muss. Daher sollten Sie bei dem Verdacht auf eine Parodontitis nicht versuchen, diese mit vermeintlich bewährten Hausmitteln in den Griff zu bekommen, sondern sich mit Ihrem Zahnarzt darüber abstimmen, welche Maßnahmen erforderlich sind.
Dennoch kursieren insbesondere im Internet zahlreiche Hausmittel, die bei Zahnfleischproblemen helfen sollen. Diese sind jedoch bestenfalls geeignet, um eine frühe Gingivitis zu behandeln und können eine Parodontitis-Therapie nicht ersetzen. So können beispielsweise Kamille, Teebaumöl, Salzwasser oder Kokosnussöl bei leichten Zahnfleischproblemen durchaus dazu beitragen, schädliche Bakterien zu bekämpfen und die Mundflora wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Bei schwereren Krankheitsverläufen oder länger andauernden Schmerzen oder Blutungen sollten Sie jedoch unbedingt zahnärztlichen Rat einholen und sich nicht auf vermeintlich seit Jahrhunderten bewährte Hausmittel verlassen.
Parodontitis vorbeugen
Um zu verhindern, dass sich eine Parodontitis ausbilden kann, sollten Sie einige einfache Regeln beachten:
- Putzen Sie die Zähne mindestens zweimal am Tag gründlich und mit einer weichen Zahnbürste.
- Nutzen Sie die Möglichkeit, alle sechs Monate zur zahnärztlichen Vorsorge zu gehen, um eine mögliche Parodontitis frühzeitig zu erkennen und behandeln zu können.
- Verwenden Sie zur Reinigung der Zahnzwischenräume Zahnseide oder Interdentalbürsten, um Essensreste und Plaque zu entfernen.
- Lassen Sie sich die richtige Anwendung von Ihrem Zahnarzt zeigen und erklären, um Verletzungen am Zahnfleisch zu vermeiden.
- Lassen Sie mindestens einmal, besser zweimal im Jahr eine professionelle Zahnreinigung beim Zahnarzt durchführen. Dabei wird auch Zahnstein entfernt, in dem sich auch Keime ansiedeln, die eine Parodontitis verursachen können.
- Raucher haben ein erheblich höheres Risiko für eine Parodontitis, auch dann, wenn sie nur E-Zigaretten dampfen. Das Rauchen aufzugeben ist daher ein wichtiger Schritt, um die Gesundheit auch im Mund zu erhalten.
- Krankheiten wie Diabetes erhöhen das Risiko für eine Parodontitis zusätzlich, daher muss die Grunderkrankung effektiv behandelt werden, um weitergehende Auswirkungen auf Zähne und Zahnfleisch zu verhindern.
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