Weisheitszähne sollten möglichst früh entfernt werden – oder doch nicht?
Die Weisheitszähne sind nicht einfach zusätzliche Backenzähne, sondern nehmen im menschlichen Gebiss eine Sonderstellung ein. Denn anders als die restlichen bleibenden Zähne kommen die Weisheitszähne später zum Vorschein, meist erst im Alter zwischen 16 und 18 Jahren. Das hat Konsequenzen für das restliche Gebiss, denn oft drückt der komplett oder teilweise durchgebrochene Achter auf die anderen Zähne, und das mit großer Kraft. Das kann nicht nur den direkten Nachbarzahn beeinflussen, sondern in einigen Fällen sogar zu einer Fehlstellung der Frontzähne führen.

Treten solche Probleme mit Weisheitszähnen bei Jugendlichen auf, gibt es meist keine Alternative zur Zahnextraktion, also zum Ziehen des Weisheitszahnes. Die Weisheitszahnentfernung ist eine Routineoperation, die unter örtlicher Betäubung problemlos durchgeführt werden kann. Dabei gilt wie bei jeder Operation, dass das Risiko einer Komplikation mit dem Alter des Patienten ansteigt. Mit zunehmendem Lebensalter verlangsamt sich die Wundheilung – Knochen und Weichgewebe brauchen länger, um zu heilen. Das ist insbesondere im Mund kritisch, da hier generell ein höheres Infektionsrisiko herrscht. Viele Zahnmediziner empfehlen daher, die Weisheitszähne möglichst früh und komplett zu ziehen, um spätere Komplikationen auszuschließen.
Weisheitszähne sind besonders – und oft besonders problematisch
Doch sollten Weisheitszähne wirklich alleine deswegen, weil es in jungen Jahren einfacher ist, auch dann entfernt werden, wenn sie keine Probleme verursachen oder vielleicht noch nicht oder nicht komplett durchgebrochen sind? Diese Frage kann jeder nur für sich selber oder – bei Minderjährigen – für sein Kind beantworten, doch es gibt tatsächlich eine Vielzahl von Argumenten dafür. Denn die Weisheitszähne sind für eine gesunde Kaufunktion nicht erforderlich, gelten wie etwa der Blinddarm als Überbleibsel der Evolution. Und sie können eine Vielzahl von medizinischen Komplikationen zur Folge haben:
· Infektionen im Bereich der durchbrechenden Zahnkrone und der Kieferknochen
· Bildung von schwer zugänglichen Stellen (sogenannten „Schmutznischen“)
· Entzündungen des Zahnnervs
· Schädigungen wie Risse oder Abplatzungen im Zahnschmelz der Nachbarzähne
· Zystenbildung im umliegenden Gewebe
· In seltenen Fällen kann sich sogar ein Tumor im Weichgewebe um die Krone bilden
Dazu kommt die Problematik, dass häufig zunächst nur einzelne Weisheitszähne bei Jugendlichen durchbrechen und nicht alle vier ungefähr zur gleichen Zeit. In einem solchen Fall fehlt mindestens einem der Weisheitszähne der Gegenzahn, mit der Konsequenz, dass der bereits durchgebrochene Zahn immer weiter wächst, da ihm der notwendige Bisswiderstand fehlt. Das kann nicht nur Probleme beim Kauen zur Folge haben, sondern auch mit Zahnschmerzen einhergehen.
Achter raus: Die Entfernung von Weisheitszähnen bei Jugendlichen und Erwachsenen

Vor der Entfernung der Weisheitszähne wird der Zahnarzt zunächst eine Röntgenaufnahme des Kiefers anfertigen, um zu ermitteln, wie weit die Zähne entwickelt sind, wie sie im Kiefer liegen und ob sie demnach einfach gezogen oder aufwendiger extrahiert werden müssen. Ist das der Fall, kann eine Behandlung in Vollnarkose sinnvoller sein, bei der sämtliche Weisheitszähne auf einmal entfernt werden statt in mehreren aufeinanderfolgenden Sitzungen. Da jede Zahnentfernung eine Belastung für den Körper und die Psyche darstellt, kann eine Behandlung in Vollnarkose auch dann sinnvoll sein, wenn abzusehen ist, dass sämtliche vier Weisheitszähne entfernt werden müssen. Dann muss der Patient die unangenehmen Nebenwirkungen (Schmerzen, Schwellungen, Einschränkung der Kau- und Sprechfunktion) nur einmal durchleiden.
Nach dem Ziehen oder der operativen Extraktion dauert es einige Tage, bis die offenen Wunden im Mund verheilt sind und die Schwellungen nachlassen. Der Zahnarzt wird in der Regel hierfür Zahnschmerztabletten verschreiben, die die Blutgerinnung nicht beeinflussen, also keine Acetylsalicylsäure (ASS) enthalten. Diese sollten unbedingt eingenommen werden, um zu verhindern, dass sich die Schmerzen im Schmerzgedächtnis einprägen. Zusätzliche Schmerzlinderung kann mit Kühlkompressen erreicht werden, die von außen auf die Backe gelegt werden.
Auf Rauchen, Alkohol, Koffein oder scharf gewürzte Nahrungsmittel sollte während der Heilungsphase ebenso verzichtet werden wie auf intensives Mundspülen, etwa nach dem Zähneputzen. Denn dadurch kann der natürliche Wundverschluss mechanisch ausgespült werden, so dass sich der Heilungsprozess verzögert und die Gefahr einer nachträglichen Infektion der Wunde erhöht. Auch auf sportliche Aktivität und körperliche Anstrengung sollte in den ersten Tagen gänzlich verzichtet werden, um die Wundheilung nicht zu stören.