Ein Ausflug durch die Geschichte der Zahnheilkunde
Die Zahnheilkunde ist nahezu so alt wie die Menschheit. Dabei beschränkte sich die Zahnmedizin der frühen Kulturen nicht nur auf das Weitergeben von Regeln zur Zahnpflege: Schon die Kelten, die Ägyptern und die Etrusker stellten Zahnersatz her, der sowohl eine medizinische als auch eine ästhetische Funktion haben konnte. Bis zur modernen Zahnheilkunde und heutigen Prophylaxe und Funktionsdiagnostik war es allerdings ein langer Weg: Manches Wissen ging dabei wieder verloren und musste dann mühsam und anders neu erlernt werden. Zudem waren die meisten Zahnbehandlungen vor der Erfindung der Narkose eine wahre Tortur: Oft waren mehrere Männer nötig, um den Patienten dabei festzuhalten und dem Zahnarzt die Arbeit zu ermöglichen. In der mittelalterlichen Praxis ging es meist um das Entfernen von schadhaften Zähnen und Zahnteilen. Geeignete Füllungs- und Reparaturmaterialien wurden erst viel später entwickelt. Glücklicherweise hatten die Menschen damals jedoch weit weniger Karies als heute: Erst im frühen 12. Jahrhundert brachten die Kreuzfahrer den Zucker nach Europa mit, und den konnten sich mehrere Jahrhunderte lang nur die Allerreichsten leisten.
Inhaltsverzeichnis
- Der älteste bekannte Zahnersatz Europas: Die keltischen Zahnimplantate
- Schöne Zähne für das Leben nach dem Tod
- Frühe Meister der Zahnmedizin: Die Prothesen der Etrusker
- Finsteres Mittelalter für Europas Zahnpatienten
- Schwarze Zähne vom weißen Gold: Mit dem Zucker kam die Karies
- Zahnheilkunde und Zahnprothetik im 19. Jahrhundert
- Technische Fortschritte und neue Materialien bringen die Zahnmedizin voran
Der älteste bekannte Zahnersatz Europas: Die keltischen Zahnimplantate
Im Südosten von Paris, in einem Ort namens Le Chêne, legten Archäologen ein 2.300 Jahre altes keltisches Grab frei. Im Mund des darin liegenden Skeletts entdeckten sie einen Eisenstift, der augenscheinlich einen der Schneidezähne ersetzt hatte. Bis auf diesen einen Zahn war das Gebiss der jungen Frau vollständig. Leider waren sowohl das Skelett als auch der Eisenstift sehr schlecht erhalten. Darum konnten die Wissenschaftler nicht feststellen, ob die Tote, die etwa 30 Jahre alt geworden war, das Implantat bereits zu Lebzeiten getragen hatte oder ob es ihr erst nach dem Tod eingesetzt wurde. Etwa 130 Kilometer von Le Chêne fanden die Wissenschaftler das ca. 1.900 Jahre alte Grab eines jungen Kelten, der ein vergleichbares Eisenimplantat trug, das fest in den Kieferknochen eingewachsen war. Somit ist gesichert, dass die Kelten bereits festen Zahnersatz kannten – und dass zumindest einige von ihnen die implantierten Eisenteile auch vertrugen und damit lebten. Ob darauf Kunstzähne montiert gewesen waren, ließ sich leider nicht mehr erkennen – die Gräber waren zu alt, um entsprechende Holz-, Elfenbein- oder Knochenteile noch nachweisen zu können.
Schöne Zähne für das Leben nach dem Tod
Aus Liebe, Respekt und dem Glauben an ein Weiterleben nach dem Tod wurden Verstorbene oft prunkvoll begraben. Dazu kam der Wunsch, körperlich vollständig ins Jenseits einzugehen, weshalb es nicht unüblich war, verlorene Körperteile (wenn möglich) aufzubewahren und sie mit ins Grab zu nehmen. Oft wurden zu diesem Zweck auch Zahnprothesen angefertigt – ein symbolischer Zahnersatz, der auf Erden nicht mehr benutzt wurde. In der Schädelhöhle einer 5.000 Jahre alten ägyptischen Mumie lagen die zu Lebzeiten verlorenen Zähne des Toten – er hatte sie aufbewahrt, um sie zu seiner Reise durch das Totenreich mitnehmen zu können.
Frühe Meister der Zahnmedizin: Die Prothesen der Etrusker
Bei den Etruskern, einer Hochkultur, die ungefähr von 800 bis 100 v. Chr. in Mittelitalien ihre Blütezeit erlebte, gab es bereits umfangreiche zahnärztliche Behandlungen und meisterliche Zahntechniker. Die von ihnen angefertigten Prothesen enthielten oft mehrere Zähne, die mit Drähten und Bändern aus Gold verbunden waren. Ähnlich wie heutige Teilprothesen konnten die etruskischen Zahnbrücken im Restgebiss mit Klammern verankert werden. Es ist gut möglich, dass auch die Zahnmedizin im nördlichen Europa damals vom Wissen der Etrusker profitierte. Doch mit deren Untergang gerieten die zahnärztlichen und handwerklichen Errungenschaften der Etrusker ins Vergessen, und in Europa brach ein eher dunkles Kapitel in der Geschichte der Zahnheilkunde an.
Finsteres Mittelalter für Europas Zahnpatienten
Während der nächsten Jahrhunderte wurden Zähne fast nur noch gezogen und äußerst selten ersetzt. Für die Behandlung standen dem Zahnarzt barbarisch anmutende Instrumente, Schnaps und Holzhämmer zur Betäubung sowie Seile zum Festbinden zur Verfügung – reichte das nicht, rief er ein paar kräftige Männer zum Festhalten. Behandeln konnte praktisch jeder: der fahrende Alchimist auf seinem Planwagen, der Apotheker hinter einem Wandschirm oder der Bader auf dem Marktplatz. Das Zähneziehen erforderte keine Lizenz, und die meisten zugelassenen Ärzte waren darin nicht besser als der Hufschmied nebenan, verlangten jedoch viel mehr Geld für ihre Leistungen. Dass im Mittelalter trotzdem viele Menschen an ihrem Todestag noch vergleichsweise viele Zähne im Mund hatten, liegt an der damaligen Ernährung, die trotz Mangel und schlechter Hygiene unterm Strich zahnfreundlicher war als heutiges Fast Food. Zudem war die Lebenserwartung damals weit geringer: Im Durchschnitt betrug sie zwischen 30 und 40 Jahren.
Schwarze Zähne vom weißen Gold: Mit dem Zucker kam die Karies
Der Einfluss der Ernährung auf das Entstehen von Karies ist längst nachgewiesen. Der wichtigste Ernährungsfaktor, der Zucker, ist dem Menschen zwar seit rund 8.000 Jahren bekannt, kam jedoch erst gegen 1100 n. Chr. auf den europäischen Markt. Kreuzfahrer hatten ihn aus dem Orient mitgebracht, und zunächst galt er hierzulande vor allem als Medizin und konnte wegen des enorm hohen Preises nur in kleinen Mengen gehandelt und konsumiert werden. Das einfache Volk süßte, wenn überhaupt, mit eingedickten Fruchtsäften oder Honig, der jedoch ebenfalls sehr teuer war. Bienenvölker wurden in Europa damals nicht wie heute gehalten und gepflegt, sondern von sogenannten Zeidlern gewerbsmäßig gesucht und dann ausgeplündert. Im frühen 16. Jahrhundert begann der weltweite Zuckeranbau im großen Stil. Der importierte Plantagenzucker war in Europa den höchsten Schichten vorbehalten – nur die Allerreichsten konnten sich das „Weiße Gold“ leisten. Demzufolge grassierte unter diesen bald die Zahnfäule, und eine Zeitlang galten sogar schwarze statt weißer Zähne als Statussymbol. Das ging so weit, dass verarmte Adlige oder bankrotte Kaufleute sich die Zähne färbten, um zu verbergen, dass sie sich keinen Zucker (mehr) leisten konnten.
Zahnheilkunde und Zahnprothetik im 19. Jahrhundert
Die erste Äthernarkose wurde im Jahr 1846 in Boston durchgeführt. Für die Zahnmedizin war es ein großer Fortschritt, dass die Zahnärzte endlich in Ruhe arbeiten konnten und die Patienten öfter freiwillig kamen. In dieser Zeit gelang erstmals auch die Herstellung natürlich wirkender und bruchfester Porzellanzähne, die mit Metall und Kautschuk zu individuellen Prothesen zusammengesetzt werden konnten. Vorher wurden als Zahnersatz meist natürliche Zähne verwendet, weil sie im Gegensatz zu Holz-, Metall- oder Knochenprothesen nicht faulten, verrosten oder zerbrachen. So mancher Zahnersatzträger hatte daher Tierzähne oder Zähne gefallener Soldaten im Mund; arme Leute verkauften zuweilen ihre Zähne an Reiche, die eine Prothese brauchten.
Technische Fortschritte und neue Materialien bringen die Zahnmedizin voran
Heute helfen Computer bei der Funktionsdiagnostik und Zahnimplantate sind aus biokompatiblem Titan oder Hochleistungskeramik. Weltweite Forschung und Vernetzung bringen die Zahnmedizin und ihre Teilbereiche, etwa Prophylaxe, Prothetik und Kinderzahnheilkunde, immer weiter voran. Mittlerweile versuchen Forscher bereits, Zähne mit Hilfe von Stammzellen auf natürlichem Weg nachwachsen zu lassen. Ob und wie sie es schaffen werden, kann keiner voraussagen – aber die Zukunftsmusik von heute prägt seit jeher die Realität von morgen.
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